ME Saar aktuell

Oswald Bubel: Forderung der IG Metall geht an der Realität vorbei

Der Präsident des Verbands der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes fordert von der Gewerkschaft mehr Sinn für das Machbare. Die Tarifforderung von acht Prozent ignoriere die Lage der Unternehmen, die seit 2018 im Krisenmodus agieren und zusätzlich zum Strukturwandel durch Krisenfaktoren wie Corona, Inflation, Energieknappheit und Materialmangel belastet sind.

Der Präsident des Verbands der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (ME Saar), Oswald Bubel, zeigt sich irritiert angesichts der Tarifforderung der IG Metall. „Ich kann nachvollziehen, dass die Beschäftigten im Rahmen der Tarifverhandlungen auf einen Ausgleich der stark gestiegenen Energiekosten hoffen. Sie sind von der Teuerung sehr belastet. Von der Gewerkschaft, die sowohl die betriebliche als auch die volkswirtschaftliche Situation kennt, erwarte ich aber auch Sinn für das Machbare“, sagt er.
Die Inflation trifft Unternehmen ebenso wie die Beschäftigten. Die Mehrzahl der Mitgliedsunternehmen steht angesichts massiver Lieferengpässe, und gewaltiger Preissteigerungen für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte enorm unter Druck. „Die hohen Energiepreise treffen uns alle. Wir verlieren als Gesellschaft an Wohlstand, weil das Geld nicht in der Volkswirtschaft bleibt, sondern in die Öl- und Gas-Förderländer fließt. Unternehmen haben nicht die Mittel, die höhere Belastung der Arbeitnehmer durch Entgeltsteigerungen auszugleichen.“
Eine Umfrage unter Mitgliedsunternehmen hat gezeigt, dass gerade einmal ein Prozent der Unternehmen die gestiegenen Kosten über Preiserhöhungen komplett weitergeben kann. Die übrigen Unternehmen müssen die höheren Belastungen ganz oder teilweise tragen. „Dabei handelt es sich um Kapital, das sie dringend für die Umstellung auf klimaneutrale Produkte und digitale Prozesse benötigen. Die Unternehmen stehen im internationalen Wettbewerb. Viele Länder sind von den steigenden Preisen weniger hart betroffen", sagt Bubel.
Auch die von der Gewerkschaft zitierten hohen Auftragsbestände helfen nicht, wenn wegen gestörter Lieferketten und Materialmangels nicht produziert werden kann. „Wenn die IG Metall in diesem Zusammenhang von der guten Lage in den Unternehmen spricht, ignoriert sie schlicht die Realität. Auch verweigert sie sich dem Blick in die nahe Zukunft, in der sich die Situation angesichts der Energielage noch verschärfen kann.“
Die M+E-Branche ist sehr heterogen aufgestellt: Der Großteil der Unternehmen kämpft seit 2018 mit der Krise, die schon vor Corona zu einer Rezession geführt hat. Dass einige wenige Unternehmen auch jetzt gute Ergebnisse erzielen, ist die Ausnahme, nicht die Regel. „Die Lage dieser wenigen Betriebe kann nicht der Maßstab für Tarifverhandlungen sein“, sagt Bubel. „Wir brauchen eine sehr differenzierte Herangehensweise, die auch die jeweilige Lage des Unternehmens abbildet.“
Noch vor wenigen Wochen hatte die IG-Metall-Führung in mehreren Interviews betont, dass Tarifpolitik die hohe Inflation nicht ausgleichen könne. Im Licht dieser Aussagen wirkt die aktuelle Forderung umso grotesker. „Während die Unternehmen ihre zu Jahresbeginn noch optimistischeren Planungen revidieren mussten, geht die IG Metall einen entgegengesetzten Weg und schürt damit unnötig Erwartungen bei den Beschäftigten, die die Unternehmen nicht erfüllen können“, sagt Bubel.
Dem gemeinsamen Ziel, Arbeitsplätze zu sichern, wirkt die Gewerkschaft mit dieser Politik entgegen. Seit Beginn des Abschwungs 2018 sowie der Verschärfung durch die Corona-Krise ist die Produktion der M+E-Branche um zwölf Prozent gesunken. Trotzdem haben die Unternehmen alles dafür getan, ihre Mitarbeiter an Bord zu halten und auch in der angespannten Situation angemessene Entgeltsteigerungen zu ermöglichen. „Diesen Weg sollten wir gemeinsam weitergehen. Und nicht in einer Zeit globaler Unsicherheit und einer zusätzlich drohenden Energiekrise mit überzogenen Forderungen die vollkommen falschen Signale setzen.“, sagt Bubel.