ME Saar und IG Metall erzielen Tarifeinigung
Gremien müssen noch zustimmen
Die Verhandlungsgemeinschaft M+E MITTE, zu der neben dem Verband der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (ME Saar) auch PfalzMetall, Hessenmetall und vem.die Arbeitgeber gehören, hat mit der IG Metall Mitte am 31. März 2021 einen Tarifabschluss erreicht. Dabei wurde der Pilotabschluss von Nordrhein-Westfalen in weiten Teilen übernommen. Kernpunkte sind die Zahlung einer Corona-Prämie, die jährliche Zahlung eines Transformationsgeldes ab Februar 2020, Regelungen zur Arbeitszeitabsenkung im Strukturwandel sowie Vereinbarungen für Zukunftstarifverträge. Die Laufzeit reicht bis September 2022. Der Abschluss steht unter dem Vorbehalt der Gremienzustimmung.
Tragfähiger Kompromiss
Die Pandemie hat Arbeitgeber und Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen besonders gefordert. Ziel war eine Lösung, die Beschäftigung sichert ohne die Unternehmen zu überfordern.
Beim Start der aktuellen Tarifrunde war schnell klar, dass es keine leichten Verhandlungen werden konnten. Zu unterschiedlich waren die Interessen von Arbeitgebern und Gewerkschaft. Die Arbeitnehmervertreter sahen nach einer Corona-Nullrunde im März 2020 und einer wieder anziehenden Konjunktur die Zeit für einen ordentlichen Schluck aus der Entgeltpulle gekommen. Die Arbeitgeber waren wiederum überzeugt, dass es auch 2021 keinen Verteilspielraum geben könne. Zu massiv waren die Einbrüche durch die Corona-Pandemie. Von einer wirklichen Erholung, wie die IG Metall sie ins Feld führte, waren die meisten Unternehmen der Branche noch weit entfernt.
Oswald Bubel, Präsident von ME Saar, bezeichnet den Vertrag als eine „tragfähige Lösung“, die den Betrieben in der Phase nach der Pandemie Luft zum Atmen lässt. „Unsere Unternehmen haben durch die Laufzeit bis zum Herbst 2022 Zeit, sich auf die wichtigen Aufgaben im Rahmen der Transformation zu konzentrieren“, sagt er. Vor allem sei es gelungen, eine automatische Differenzierung einzuführen, durch die Unternehmen in schwieriger wirtschaftlicher Lage die tarifliche Sonderzahlung aussetzen können.
Die wichtigsten Punkte des ausgehandelten Tarifvertrags sind:
Laufzeit bis Herbst 2022
Für den Tarifvertrag wurde eine Laufzeit bis zum 30. September 2022 vereinbart. Das gibt den Unternehmen Planungssicherheit in der bevorstehenden Phase der Transformation.
Tabellenentgelte bleiben konstant
Es wird keine Erhöhung der Entgelttabelle geben. Der Entgelttarifvertrag vom 9. Februar 2018 wird rückwirkend zum 1. Januar 2021 wieder in Kraft gesetzt und gilt unverändert fort.
Corona-Beihilfe
Bis Ende Juni 2021 zahlen die Unternehmen ihren Vollzeitbeschäftigten eine Corona-Beihilfe in Höhe von 500 Euro. Auszubildene erhalten eine Prämie von 300 Euro. Damit würdigen die Unternehmen das Engagement der Belegschaften in den schwierigen Zeiten der Pandemie.
Transformationsgeld
Im Februar 2022 zahlen die Unternehmen ein Transformationsgeld in Höhe von 18,4 Prozent eines Monatsentgelts, ab Februar 2023 wird dann jährlich eine entsprechende Zahlung in Höhe von 27,6 Prozent eines Monatsentgelts fällig. Das Transformationsgeld kann bei einer Arbeitszeitabsenkung als Ausgleichszahlung dazu verwendet werden, das Entgelt zu verstetigen.
Differenzierung möglich
Erstmals ist es gelungen, die automatische Differenzierung einer Sonderzahlung im Tarifvertrag zu verankern. Bisher mussten Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten in umfangreiche Verhandlungen mit der Gewerkschaft eintreten, wenn sie eine Sonderzahlung aussetzen wollten.
Jetzt ist die Zahlungspflicht an die Nettoumsatzrendite geknüpft. Gleichzeitig wurde die Auszahlung des T-Zug B in den Oktober 2021 verschoben. Damit werdem auch die Zahlungstermine für die Corona-Prämie, den T-Zug A und T-Zug B entzerrt.
- 1. Schritt Differenzierung:
Sieht sich ein Unternehmen im Oktober aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, die Sonderzahlung zu leisten, kann es die Auszahlung um sechs Monate verschieben. - 2. Schritt Differenzierung:
Zeigt sich im April des folgenden Jahres, dass die Nettoumsatzrendite den Wert von 2,3 Prozent unterschreitet, kann die Sonderzahlung vollständig entfallen.
Neue Modelle zur Arbeitszeitabsenkung
Der Tarifvertrag gibt den Unternehmen mehr Möglichkeiten als bisher, ihre Arbeitszeit abzusenken. Dabei bleiben einige Regeln bestehen, nach denen auch jetzt schon die Arbeitszeit temporär abgesenkt werden konnte. Für längere Phasen mit einer verkürzten Arbeitszeit sind Regelungen mit einem Teilentgeltausgleich vorgesehen.
Wie bisher
Arbeitgeber und Betriebsrat können bei vorübergehenden Beschäftigungsproblemen die individuelle regelmäßige Wochenarbeitszeit per Betriebsvereinbarung auf eine Dauer von unter 35 bis zu 30 Stunden absenken. Das kann sowohl einheitlich für alle Beschäftigten geschehen als auch für Teile des Betriebs. Dabei können mit den Beschäftigten auch unterschiedliche Regelungen über die Absenkung und die jeweilige Dauer der Arbeitszeit vereinbart werden. Die monatlichen Vergütungen vermindern sich entsprechend der verkürzten Arbeitszeit. Optional können die Betriebsparteien Ausgleichszahlungen vereinbaren, die mit den tariflichen Jahresleistungen verrechnet werden. Der Anspruch darauf verringert sich entsprechend.
Neue Regel
Weil gerade in der Transformation auch längere Arbeitszeitabsenkungen nötig sein können, sieht der Tarifvertrag nun entsprechende Regelungen für Arbeitszeitabsenkungen vor, die länger als 12 Monate dauern. Solche längeren Phasen sind nur möglich, wenn sie freiwillig von beiden Seiten vereinbart sind. Sinkt die Arbeitszeit dann auf 32 Wochenstunden, erhalten die Beschäftigten einmal pro Woche einen Zuschlag von 25 Prozent des durchschnittlichen Stundenentgelts. Sollte die Arbeitszeitabsenkung länger als 24 Monate abgesenkt werden, bekommen die Beschäftigten pro Woche bei einer Absenkung auf 33 Wochenstunden einen Zuschlag von 25 Prozent eines Durchschnitts Stundenentgelts, bei einer Absenkung auf 32 Wochenstunden einen Zuschlag von 50 Prozent des Durchschnitt-Stundenengelts.
Vier Tage:
Die Betriebsparteien sollen vorrangig prüfen, ob es im Rahmen der betrieblichen Prozesse möglich ist, die Verkürzung im Rahmen einer Vier-Tage-Woche umzusetzen.
Arbeitnehmeranteil:
Zur Stabilisierung der Einkommen kann das Transformationsgeld genutzt werden. Außerdem ist es möglich, auch die Sonderzahlungen aus dem T-Zug A oder dem T-Zug B als Ausgleich auf die monatlichen Entgeltzahlungen umzulegen. Die Entscheidung darüber liegt bei den Betriebsparteien.
Kündigungen:
Bei konjunktur- oder transformationsbedingten Arbeitszeitverkürzungen sind betriebsbedingte Kündigungen nicht möglich.
Evaluierung:
Für die Regelung ist eine Laufzeit von drei Jahren vorgesehen. Dann soll sie erneut auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Optionen zur Zukunftssicherung Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben einen tariflichen Rahmen vereinbart, innerhalb dessen die Betriebsparteien Transformationsprozesse miteinander beraten und notwendige Änderungen anstoßen können.
Gesprächsangebot:
Betriebsparteien können, wenn sie den Bedarf sehen, ein Gesprächsangebot über die Zukunft des Betriebes unterbreiten. Das Angebot kann beiderseits auf freiwilliger Basis erfolgen, aber nicht durch eine Partei erzwungen werden. Der Arbeitnehmerseite steht es frei, im Vorfeld auf eigene Kosten eine Analyse der betrieblichen Situation zu erstellen.
Beratung:
Die Betriebsparteien können vereinbaren, zur weiteren Beratung externe Experten für die Gespräche hinzuzuziehen.
Einigkeit:
Besteht nach den ersten Gesprächen Einigkeit zwischen den Parteien über den Regelungsbedarf im Betrieb, können beide gemeinsam ein Umsetzungskonzept für die geplanten Schritte erarbeiten.
Moderation:
Besteht keine Einigkeit über einen Regelungsbedarf im Betrieb, kann zur Erreichung eines Konsenses eine Moderation vereinbart werden.
Scheitern:
Kommt es auch im Rahmen einer Moderation nicht zu einer Übereinkunft, werden von der Moderation die von den Betriebsparteien identifizierten jeweiligen Handlungsschritte schriftlich festgehalten.
Abschluss:
Nach dem Scheitern sind die betrieblichen Gespräche zu den Transformationsprozessen beendet. Es bleibt bei der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit. Ausbildung Beide Tarifparteien geben eine Erklärung zur Bedeutung des Fachkräftenachwuchses ab. Die Tarifparteien erklären darin, dass sie die Ausbidlungsbereitschaft in den Betrieben fördern wollen. Außerdem empfehlen sie, Dual Studierende nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Zudem wurden – wie in den vergangenen Tarifrunde – die Maßregelungsklausel sowie der Tarifvertrag Anspruchsvoraussetzungen vereinbart, der Grundlage für die Altersteilzeit bildet.