Geplante EU-Lieferketten-Richtlinie überfordert die Wirtschaft
Kontrollpflichten ziehen massive Bürokratie nach sich

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Angesichts der Abstimmung zur Lieferketten-Richtlinie im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments warnt ME-Saar-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter vor einer Überforderung der Wirtschaft. „Der Vorschlag verschärft noch einmal deutlich den Entwurf der EU-Kommission“, sagt Schlechter. Demnach sollen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette einhalten. „Letztlich heißt das, dass die Unternehmen jeden Zulieferer und auch alle Vorlieferanten kontrollieren müssen, das ist faktisch unmöglich.“ Viele Produkte sind so komplex, dass viele tausend Zulieferer beteiligt sind. Allein an der Produktion eines Microchips ist eine fünfstellige Zahl an Zulieferern beteiligt. „Für den Mittelstand ist ein solcher Aufwand schlicht nicht zu leisten“, sagt Schlechter. Weil Unternehmen nicht mehr rechtssicher agieren können, werden sie sich zunehmend aus den Märkten zurückziehen.
Die EU-Planung geht damit noch einmal deutlich über die Belastungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes hinaus. Das Gesetz, das in Deutschland zum Jahresbeginn in Kraft getreten ist, gilt vorerst für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten, ab kommendem Jahr wird diese Grenze auf 1000 Beschäftigte abgesenkt.
„In einer Zeit, in der die Unternehmen angesichts der geopolitischen Verwerfung, explodierender Energiepreise, einer Rekordinflation und einem steigenden Arbeitskräftemangel dringend Entlastung und eine Förderung durch die Politik bräuchten, werden sie mit immer neuen Auflagen und bürokratischen Pflichten belastet. Das ist schädlich für den Standort Europa und wirft uns im weltweiten Wettbewerb massiv zurück“, sagt Martin Schlechter.
Rückschritt bei der Arbeitszeit
Heil verpasst Gelegenheit zur Modernisierung des Gesetzes

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Den Referentenentwurf des neuen Arbeitszeitgesetzes bezeichnet ME-Saar-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter als Fortschrittsverweigerung. „Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat die Chance vertan, das Arbeitszeitgesetz, das noch aus den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammt, zu modernisieren“, sagt Schlechter. Weder hat Herr Heil die im Koalitionsvertrag angekündigte Flexibilisierung der Arbeitszeit sowie eine Freigabe der Tageshöchstarbeitszeit angepackt, noch wurden die viel zu starren Ruhezeiten neu geregelt: „Wir agieren weiter auf der Basis eines Gesetzes, bei dessen Entstehung es weder Handys noch ein allgemein verbreitetes Internet mit den damit verbundenen Kommunikationsmöglichkeiten gab“, sagt der VSU-Hauptgeschäftsführer. „Von einer Fortschrittskoalition habe ich mehr erwartet.“
Die Aufzeichnungspflichten des Gesetzentwurfs bezeichnet er als umständlich, bürokratisch und maximal restriktiv. „Das Gesetz beinhaltet eine massive Ausweitung der geltenden Arbeitszeitaufzeichnungspflichten und schafft die Vertrauensarbeitszeit faktisch ab. Flexible Arbeitszeitmodelle, wie sie im Koalitionsvertrag ausdrücklich gefordert wurden, sind damit kaum noch möglich.“ Für Beschäftigte und Unternehmen, die solche flexiblen Modelle einsetzen wollen, ist der Entwurf ein klarer Rückschritt.
Schlechter kritisiert auch, dass Ausnahmen wie die Abweichung von der elektronischen Form der Aufzeichnung und auch eine zeitlich versetzte Erfassung ausschließlich für tarifgebundene Unternehmen gelten sollen. „Damit verknüpft das Arbeitsministerium in unzulässiger Weise Arbeitszeiterfassung und Tarifbindung“, sagt Schlechter. „Dieser Zwang zur Tarifbindung ist weder mit Arbeits- noch Gesundheitsschutz zu begründen, sondern rein ideologisch motiviert.“
Auf die Arbeitgeber, die nun zusätzliche Arbeitszeit-Erfassungs-Systeme einführen müssen, komme weiterer bürokratischer und finanzieller Aufwand zu. „In einer Zeit, in der es eher darauf ankommt, Unternehmen zu entlasten, schießt der Arbeitsminister mit neuen Regulierungen weit über das Ziel der EU-Vorgaben hinaus. Wir müssen um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes kämpfen, stattdessen muten wir den Unternehmen immer weitere bürokratische Lasten zu. Die Bundesregierung scheint den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt zu haben. Wir hoffen, dass der Gesetzentwurf entscheidend nachgebessert wird und sich auch die Saarländische Landesregierung für eine unbürokratische Lösung einsetzt“, sagt Schlechter.
Wolfspeed-Ansiedlung ist ein gutes Signal für das Saarland
Sogeffekt für andere Unternehmen kann Branchenstreuung bringen

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Die geplante Ansiedlung einer Produktion des Chipherstellers Wolfspeed im Saarland ist ein gutes Signal für das Saarland. Denn mit der Etablierung eines komplett neuen Technik-Sektors kann auch eine Sogwirkung auf weitere Zulieferer verbunden sein. „In der Transformation der saarländischen Industrie ist es wichtig, bestehenden Unternehmen zu helfen, neue Geschäftsmodelle zu finden. Ebenso wichtig ist es aber auch, neue Unternehmen und Branchen für ein Engagement im Saarland zu werben“, sagt ME-Saar-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter. „Mit den letzten großen Ansiedlungen sind der Landesregierung bereits wichtige Schritte in diese Richtung gelungen.“ Wolfspeed will in Ensdorf für zwei Milliarden Euro eine moderne Chipfabrik errichten. Ebenso hat das Wirtschaftsministerium bereits Kontakte zu weiteren Zulieferern geknüpft, die möglicherweise auch ins Saarland kommen wollen. Die jüngsten Ansiedlungserfolge zeigen, dass sich die Strategie, neue Industrieflächen zu schaffen, auszahlt. „Diese Strategie sollte das Land fortführen und den Masterplan Industrieflächen zügig fortschreiben“, sagt Schlechter.
Werkwandel: Ausgabe 1/2023 des ifaa-Magazins mit dem Schwerpunktthema "Fachkräftesicherung"
Veränderte Prozesse, Strukturen, Produkte und vor allen Dingen die Art und Weise, wie Menschen künftig zusammenarbeiten - auf allen Ebenen des täglichen Lebens spüren wir den Wandel. Abläufe in den Unternehmen ändern sich, gesetzliche und gesellschaftliche Vorgaben haben Einfluss auf unser Leben. Dem Wandel in der Wirtschaft und im Arbeitsleben widmet sich das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) mit seinem neuen Magazin "Werkwandel".
Die erste Ausgabe in 2023 hat folgende Berichte und Themen zum Inhalt:
Vordenker › Ulrich Walwei (IAB) über den Arbeitsmarkt 2023 / Arbeitswelt vor Ort › Interview zur Einführung ergonomischer Schichtpläne › Neue ifaa-Broschüre zu digitalen Hilfsmitteln / Wissenschaft direkt › FeDiNAR — Berufsausbildung mit Augmented Reality › MofAPro: mobiles, zeitflexibles Arbeiten › IW-Analyse Fachkräftemangel › ifaa-Projekt KI_eeper / Arbeitswelt gestalten › Was Silverworker für Unternehmen bringen können › Praxisbericht zum ifaa-Projekt WIRKsam: Wie KI bei der Fachkräftegewinnung hilft
Werkhandel erscheint als interaktives E-Paper, gefüllt mit Interviews, Berichten zu vielfältigen Themen und steht allen Interessierten unter www.werkwandel.de kostenlos zur Verfügung.
ME Saar übernimmt Pilotabschluss aus Baden-Württemberg
Der Verband der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes hat den Pilotabschluss von Baden-Württemberg weitgehend übernommen. ME Saar hatte gemeinsam mit den Arbeitgeberverbänden aus M+E MITTE (Saarland, Rheinland-Pfalz, Rheinhessen, Hessen) mit der IG Metall Mitte verhandelt. ME-Saar Präsident Oswald Bubel sprach bei der Tarifverhöhung von 8,5 Prozent von einer hohen Belastung für die Unternehmen. Wichtig sei aber eine lange Laufzeit, die erreicht werden konnte. Weitere wichtige Punkte sind Bubel zufolge die automatische Differenzierung sowie die Option, die steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie je nach Ertragslage flexibel auszuzahlen.
ME-Zeitung zum Tarifabschluss erschienen
Mehr Geld in zwei Stufen für die Beschäftigten, Planungssicherheit für die Betriebe: Das bringt der Tarifabschluss 2022 für die Metall- und Elektro-Industrie (M+E). „In einem Umfeld von Rezession, Preisdruck auf Beschäftigte wie Unternehmen, Corona und Krieg schaffen wir damit langfristige
Planbarkeit für alle Beteiligten und setzen ein deutliches Zeichen der Zuversicht“, betont Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf. Der Abschluss sei ein Vorschuss auf das Wachstum, auf das die Unternehmen ab 2024 wieder hoffen.
In einer Sonderausgabe erklärt die ME-Zeitung den Tarifabschluss. Zur Zeitungsausgabe gelangen Sie hier
Deutschland verliert Wettbewerbsfähigkeit
Die stark gestiegenen Lohnstückkosten in Deutschland gefährden die Wettbewerbsfähigkeit. Vor allem die hohen Forderungen in den aktuellen Tarifrunden treiben diese Kosten weiter in die Höhe. Die deutsche Industrie wird zugleich von steigenden Energie- und Arbeitskosten und einem Konjunktureinbruch in die Zange genommen. Im internationalen Vergleich steht das Land damit als Standort immer schlechter da - trotz der vergleichweise noch hohen Produktivität. Neben den hohen Tarifforderungen belasten auch die Zusatzkosten durch hohe Sozialbeiträge. Es ist bereits absehbar, dass die Marke von 40 Prozent überschritten wird.
Mehr Infos beim Institut der Deutschen Wirtschaft:
ME Saar bewertet ZF-Investition als gutes Signal für den Standort
Saarbrücken wird Leitwerk für E-Mobilität

Die Investition in neue Produkte der E-Mobilität am ZF-Standort in Saarbrücken wertet Martin Schlechter, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (ME Saar), als gutes Zeichen für das Saarland. „ZF liefert ein Beispiel, wie Transformation funktionieren kann“, sagt Schlechter. „Der Getriebehersteller wandelt sich durch die aktuellen Investitionen sukzessive zum Spezialist für E-Antriebe. Mit dem gemeinsamen Engagement des Unternehmens, des Landes und der Belegschaft wird so Beschäftigung langfristig gesichert.“
ZF-Vorstandsmitglied Stephan von Schuckmann hat die Pläne des Unternehmens für das Werk in Saarbrücken am Montag vorgestellt. Demnach soll dafür gesorgt werden, rein elektrische Antriebssysteme im Saarland wettbewerbsfähig anzusiedeln. Bereits 2023 soll die Prototypfertigung für elektrische Achsen beginnen, 2024 soll die Serienfertigung starten. ZF investiert dafür einen dreistelligen Millionenbetrag in den Standort. Parallel zum langfristigen Auslauf der klassischen Getriebe wird Saarbrücken zum Leitwerk für elektrische Antriebssysteme ausgebaut. Die Landesregierung flankiert die Investitionen ebenfalls über Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe. Auch die Beschäftigten beteiligen sich über einen Zukunftsfonds. Dieser wird bis zu 25 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen in Zukunftstechnik beisteuern. Schuckmann zufolge hat das Unternehmen weltweit Aufträge im Wert von über 25 Milliarden Euro im Bereich der E-Mobilität gewinnen können. Davon soll möglichst viel im Saarland umgesetzt werden, sagte der Saarbrücker Betriebsratvorsitzende Mario Kläs. Das Saarbrücker ZF-Werk ist mit aktuell 9000 Mitarbeitern einer der größten Standorte des Konzerns.
Branche blickt mit Ungewissheit nach vorne
Wohin geht die Reise in der deutschen M+E-Industrie? Angesichts der zwei zurückliegenden Corona-Jahre mit weiteren zu erwartenden Wellen, angesichts der Störungen in den Lieferketten und massiven Problemen bei der Materialbeschaffung und angesichts einer neuen Unsicherheit durch den Russland-Ukraine-Krieg fahren viele Unternehmen auf Sicht. Es ist zum Glück gelungen, viele Unternehmen am Laufen und die Belegschaften an Bord zu halten. Nun geht es darum, Freiräume für die Investitionen zu schaffen, die angesichts des Strukturwandels nötig sind.
Die aktuelle M+E Zeitung wirft einen Blick auf die Situation der Branche und zieht Bilanz.
Zeitenwende - Corona, Homeoffice, Ukraine-Krieg, De-Globalisierung
Der Jahresbericht 2021/2022 blickt auf die Herausforderungen und den Wandel der Branche
Das Jahr 2021 war vor allem durch ein Thema bestimmt: das Corona-Virus und all die Veränderungen, die es für die Wirtschaft mit sich bringt. In unserem Jahresbericht zeigen wir auf, wie das Virus unsere Arbeit und das tägliche Leben unserer Mitgliedsfirmen beeinflusst. Neben Corona haben weitere Themen unsere Arbeit bestimmt: So haben wir trotz der Einschränkungen durch die Pandemie einen der schwierigen Zeit angemessenen Tarifabschluss erreicht. Doch die Zeiten bleiben fordernd: Dekarbonisierung, Digitalisierung, Demografie und De-Globalisierung sind die großen Themen der kommenden Jahre. Und der Ukraine-Krieg bringt hier noch eine Beschleunigung, wenn er das bisher stabile Wirtschaften durch zusätzlich gestörte Lieferketten, Materialmangel und hohe Energiepreise infrage stellt. Diese und weitere Themen lesen Sie im Jahresbericht des ME Saar 2021/2022.

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Die M+E-Zeitung für Beschäftigte in unseren Mitgliedsunternehmen
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