Jedes Unternehmen hat seine Geschichte(n)

Sie stehen für den größten Teil der deutschen Industrie, sind Jobmotor und Beschäftigungswunder: die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie. Sie und ihre Mitarbeiter sind das Herz der deutschen Wirtschaft.

Die Unternehmen der M+E-Branche sind als die deutsche Schlüsselindustrie Garant für den Wohlstand in unserem Land. Sie sind Ausbildungsbank und Ideenschmiede, schaffen Chancen und bieten Sicherheit.

Keine andere Branche in Deutschland hat eine vergleichbare Bedeutung für Wachstum und Wohlstand in unserem Land. Die M+E-Unternehmen produzieren Technik für die ganze Welt –Tag für Tag, mit hochmodernen, sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen. Neun von zehn der 3,7 Millionen Arbeitsplätze der Branche in Deutschland sind unbefristete Vollzeitstellen. Wir sind stolz auf unsere Produkte, auf die Leistung unserer Mitarbeiter, auf den Ruf unserer Branche. Wer etwas leisten will, ist bei uns willkommen, egal wer, egal woher. Für uns ist Arbeit nicht nur unser täglich Brot - sie hält unseren Puls am Schlagen. Wir bejahen internationalen Wettbewerb, denn wir sind überzeugt, dass sich die Qualität unserer Produkte weltweit durchsetzt.

Auf diesen Seiten stellen wir Projekte und Entwicklungen aus Unternehmen unserer Branche im Saarland vor.

Wie Bosch in der Krise Chancen ergreift

Das Homburger Werk setzt für die Zukunft auf Brennstoffzellentechnik

Er hat die besten Verbrauchswerte – und auch beim Thema CO2-Ausstoß kann er punkten. Doch seit dem Abgas-Skandal ist der Diesel in Verruf geraten. Die Zahl der Verkäufe und Neuzulassungen ist massiv eingebrochen. Kaum noch jemand will ein Auto mit Diesel-Antrieb fahren. Und das, obwohl moderne Diesel längst sämtliche Abgaswerte erfüllen und selbst E-Autos beim Thema Umweltfreundlichkeit überflügeln, wenn diese mit konventionellem Strom geladen werden. Auch der Autozulieferer Bosch in Homburg bekommt diese Zurückhaltung zu spüren. Das Homburger Werk produziert Einspritzsysteme für Diesel-Motoren, sogenannte Injektoren und Rails. Die Beschäftigung ist rückläufig. Auch im vergangenen Jahr hat das Unternehmen 200 der rund 4000 Arbeitsplätze abbauen müssen.

Suche nach neuen Geschäftsmodellen

Trotz dieser drastischen Einschnitte hat Bosch nach Wegen gesucht, die Auswirkungen für das Werk so gering wie möglich zu halten. So hat das Unternehmen einerseits Mitarbeiter aus der Produktion von Diesel-Technik für Pkw in den Lkw-Bereich versetzt. Bei den Lkw-Motoren ist der Rückgang weniger drastisch.

Andererseits setzt das Bosch-Werk auf eine Zukunftstechnik, die das Potenzial hat, künftig zahlreiche Autos anzutreiben: Die Brennstoffzelle. Drei zentrale Komponenten für eine mobile Brennstoffzelle werden nun in Homburg gefertigt. Noch ist es eine Musterfertigung, doch schon jetzt werde in Homburg die Serienfertigung vorbereitet, sagt Jörg Jennes, der in Homburg als Bereichsleiter für Zukunftsprojekte wie die Brennstoffzelle verantwortlich ist.

„Aktuell sind wir noch in der Prototypenphase“, sagt Frank Kruchten, der im Team von Jennes die Forschung begleitet. Doch längst sind die Elemente nicht mehr nur auf dem Prüfstand, sie sind bereits im Test auf der Straße unterwegs. „Wir bereiten jetzt die industrielle Fertigung vor“, sagt Jörg Jennes.

Bosch möchte künftig ganze Brennstoffzellensysteme für Fahrzeuge anbieten, für die Serienentwicklung von drei wichtigen Komponenten hat das Homburger Werk nun die Verantwortung. Sie tragen so technische Namen wie „Anodenzirkulationsgebläse“, „Elektrischer Luftverdichter“ und „Wasserstoffdosierventil“. Der Forderung aus Gewerkschaftskreisen, die gesamte Brennstoffzellenfertigung bei Bosch in Homburg zu konzentrieren, tritt Jörg Jennes entgegen. Das habe keinen Sinn, relativiert er. „Ziel ist es, die Einzelteile an jeweils den Standorten zu fertigen, die dafür die richtigen Kompetenzen haben.“

Spezialfall der E-Mobilität

Letztlich sind die Brennstoffzellen-Fahrzeuge E-Mobile, die jedoch statt einer großen Batterie über eine Brennstoffzelle verfügen, die aus Wasserstoff und Sauerstoff über eine elektrochemische Reaktion Strom erzeugt. „Eine Pufferbatterie wird zwar immer noch nötig sein, da die Brennstoffzelle nicht für den stark schwankenden Strombedarf des Motors ausgelegt ist, aber sie wird viel kleiner sein als die eines gleichwertigen E-Autos.“
Jörg Jennes und Frank Kruchten sind aber auch überzeugt, dass die Brennstoffzellentechnik künftig nur einen Teil der Mobilität abdecken wird. Vielmehr werde es bei der Mobilität der Zukunft unterschiedliche Konzepte geben. So werden kleine Pkw eher als batterieelektrische Fahrzeuge ausgelegt sein, für größere Pkw eigne sich vor allem die Hybrid-Technik, bei der Verbrennungs- und E-Motor kombiniert werden.

Die Zukunft der Brennstoffzelle sehen die Bosch-Techniker vor allem im Lkw-Bereich. „Hier geht es darum, große Strecken zu überwinden.“ Mit einem entsprechend dimensionierten Wasserstofftank könnten die Lkw selbst mit wenigen Tankpunkten deutschlandweit eingesetzt werden. Die Reichweiten liegen über 500 km und die Betankungszeit ist vergleichbar mit der heutiger Fahrzeuge.

Das Tankstellennetz ist noch ein Knackpunkt bei der Einführung der neuen Technik. Denn bisher gibt es kaum Wasserstoff-Tankstellen. Um die Brennstoffzellen-Technik tatsächlich zum Laufen zu bringen, sei es jetzt nötig, deren Ausbau voranzutreiben.

Weiter Hoffnung für Verbrenner

Auch wenn sich alternative Antriebe nun stärker durchsetzen werden, Bosch geht nicht davon aus, dass die Verbrenner-Technik bald verschwinden wird. Ganz im Gegenteil. 2030, so lautet die Prognose des Autozulieferers, werden rund zwei Drittel der Fahrzeuge weiterhin einen Verbrennungsmotor haben, teilweise als Hybridfahrzeuge kombiniert mit Elektromotoren. Von den reinen Elektrofahrzeugen werden dann voraussichtlich rund 20 Prozent mit einer Brennstoffzelle angetrieben.

Ein Grund, warum Bosch in Homburg auch weiter auf die Diesel-Technik setzt. Denn um Klimaziele zu erreichen, sei der Diesel-Motor weiter unverzichtbar – und auch längst entsprechend sauber. „Der Diesel ist rehabilitiert“ sagt Jörg Jennes.

Vorbild auch für andere

Bosch ist in der Strukturkrise einen Schritt gegangen, den viele Unternehmen in den kommenden Jahren gehen müssen. Weil eine Standard-Technik plötzlich veraltet erscheint, gilt es, Zukunftsmodelle zu entwickeln. Das gilt in der Automobilindustrie für alternative Antriebsformen ebenso wie in der gesamten Metall- und Elektroindustrie, wenn es um den Wandel durch zunehmende Digitalisierung geht. In beiden Fällen ist es jetzt wichtig, die bestehenden Kompetenzen bestmöglich zu nutzen und neue Kompetenzen aufzubauen. Ziel muss es sein, nach und nach neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Wenn sich die Brennstoffzelle tatsächlich durchsetzt, hat das Homburger Werk gute Chancen, auf diesem Markt eine führende Rolle zu spielen.

Noch arbeitet nur eine kleine Mannschaft am Projekt Brennstoffzelle, bestehend aus Experten aus verschiedenen Fachabteilungen der rund 3800 Bosch-Mitarbeiter im Homburger Werk. Doch mit einer industriellen Fertigung würde sich auch das ändern. „Wir sind bereit, die Fertigung je nach Bedarf auszuweiten“, sagt Jennes.