Jedes Unternehmen hat seine Geschichte(n)

Sie stehen für den größten Teil der deutschen Industrie, sind Jobmotor und Beschäftigungswunder: die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie. Sie und ihre Mitarbeiter sind das Herz der deutschen Wirtschaft.

Die Unternehmen der M+E-Branche sind als die deutsche Schlüsselindustrie Garant für den Wohlstand in unserem Land. Sie sind Ausbildungsbank und Ideenschmiede, schaffen Chancen und bieten Sicherheit.

Keine andere Branche in Deutschland hat eine vergleichbare Bedeutung für Wachstum und Wohlstand in unserem Land. Die M+E-Unternehmen produzieren Technik für die ganze Welt –Tag für Tag, mit hochmodernen, sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen. Neun von zehn der 3,7 Millionen Arbeitsplätze der Branche in Deutschland sind unbefristete Vollzeitstellen. Wir sind stolz auf unsere Produkte, auf die Leistung unserer Mitarbeiter, auf den Ruf unserer Branche. Wer etwas leisten will, ist bei uns willkommen, egal wer, egal woher. Für uns ist Arbeit nicht nur unser täglich Brot - sie hält unseren Puls am Schlagen. Wir bejahen internationalen Wettbewerb, denn wir sind überzeugt, dass sich die Qualität unserer Produkte weltweit durchsetzt.

Auf diesen Seiten stellen wir Projekte und Entwicklungen aus Unternehmen unserer Branche im Saarland vor.

Ein Schüleraustausch für Mitarbeiterkinder

Die Hager Group setzt auf Internationalität

Simonas Hände fliegen hin und her zwischen Etikettaufklebern und den kleinen Plastikbeuteln. Darin sind Verbindungsstücke für Kabelschienen. Immer drei etikettierte Beutel gehören in eine Pappbox, und die wiederum in einen grünen Gitterwagen am Ende des Packtisches. Für eine Viertelstunde sollen Simona, Guillermo und die anderen Austauschschüler im Hager-Werk in Heltersberg mit anpacken. Sie reden kaum in diesen Minuten, heben den Blick von den Händen nur, um den nächsten unbeklebten Beutel zu suchen, während sie den letzten noch in die Box legen. „Das hat Spaß gemacht, die Teile einzupacken“, sagt Simona, als ihre Aufgabe erledigt ist und die Werksführung beim Spezialisten für Lösungen und Dienstleistungen für elektrotechnische Installationen in Wohn-, Industrie- und Gewerbeimmobilien weitergeht.

Die 14-Jährige aus der Nähe von Neapel ist eine von sechs Kindern aus ganz Europa, die dieses Jahr am internationalen Schüleraustausch der Hager Group mit Sitz im saarländischen Blieskastel teilnehmen. Ihre Eltern arbeiten an den europäischen Standorten der Hager Group: in Italien eben, in Spanien, Polen und Griechenland. Für eine Woche leben sie in Deutschland in der Gastfamilie, bevor sie zusammen mit den deutschen Schülern nach Hause zurückkehren, wo ihre Familie dort eine Woche lang Gastgeber ist. Die Schüler lernen das Familienleben in der jeweils fremden Kultur kennen. Daneben organisieren die Gasteltern Ausflüge, um ihren jungen Besuchern etwas von ihrer Heimat zu zeigen. In Deutschland steuert auch die Hager Group zwei Ausflugtage bei. Heute steht die Werksführung in Heltersberg auf dem Plan.

Fremdsprache wird lebendig

„Das Thema Englisch stand bei uns im Vordergrund“, sagt der dortige stellvertretende Geschäftsführer Kay Schmidt über den Schüleraustausch. Beide Söhne waren schon mit dem Hager Group-Schüleraustausch in Portugal. „Außerdem ist es wichtig, die Angst vor dem Fremden zu verlieren und sich gegenseitig in Europa kennenzulernen – gerade heute, wo alles wie hier bei Hager stärker zusammenwächst.“ Was seine Söhne betrifft, ist die Rechnung aufgegangen. Bis heute sind sie mit ihren Austauschpartnern in Kontakt. Der Ältere ist im vergangenen Jahr sogar alleine hingefahren.

Auch Frank Redlich sieht in dem Austausch eine gute Möglichkeit, die Sprachkenntnisse zu verbessern: „Die Motivation ist viel größer, wenn man jemanden hat, mit dem man auch außerhalb der Schule in der Sprache reden kann“, sagt der Elektroniker aus dem Werk der zur Hager Group gehörenden Atral Secal GmbH im hessischen Eltville. Dabei scheint Sohn Richard mit Sprachen ohnehin kein großes Problem zu haben: „Deutsch kann ich sehr gut, Geschichte, und in Politik bin ich auch sehr gut“, sagt der 15-Jährige. Nur mit dem Rechnen klappe es nicht so richtig. Ob er mal so etwas Technisches mache wie sein Vater – mal sehen.

Kabelumformmaschine weckt technisches Interesse

Wie sein Berufsstart aussehen könnte, kann Richard jedenfalls wenig später schon mal in der Azubi-Werkstatt beobachten. Junge Mitarbeiter in Blaumännern montieren hier Teile aus Kunststoff und Draht auf Lochplatten. Nebenan steht eine Maschine, die Andreas Gundacker jetzt in Bewegung setzt. Kleine Kabelstücke fahren nacheinander auf einer Schiene in ein durchsichtiges Gehäuse. Ein Stempel fährt dort in gleichmäßigem Takt runter und wieder hoch. Dabei biegt er jedes der Kabel zu einem eckigen U. „Diese Kabelumformmaschine haben die Azubis selbst gebaut“, sagt der Elektrotechnik-Ausbilder. Richard dolmetscht für Guillermo aus Spanien immer dann, wenn Gundacker nicht redet. Jetzt aber muss Richard selbst etwas genauer wissen: „Funktioniert das mit Hydraulik?“ Nein, antwortet Gundacker, mit Luftdruck. „Hydraulik“, erklärt er Richard und den anderen, „wird eingesetzt, wenn schwere Lasten bewegt werden müssen. Bei diesen Kabeln hier reicht die Kraft, die Luftdruck erzeugen kann.“ Richard nickt – und übersetzt. Guillermo lernt zwar seit zwei Jahren Deutsch. Aber die beiden Austauschpartner haben Englisch als gemeinsame Sprache gewählt. So haben beide etwas davon. Und all das technische, meint der 14-jährige Guillermo, sei auf Deutsch nicht so leicht zu verstehen.

Auch Katharina hat noch eine Frage an den Ausbilder: „Hat das was mit Informatik zu tun?“ Gundacker nickt kräftig und zeigt auf den großen Bildschirm an der Maschine. „Mechatroniker programmieren die Maschine, bevor sie startet.“ Sie sagen der Maschine, was sie tun soll. Ob das ein Job für sie wäre? Katharina lächelt und hält den Kopf schief. „In der Schule hatten wir Informatik. Das ist schon interessant, aber auch nicht so leicht.“ Dann wendet sich die 16-Jährige ihrer Austauschülerin Simona zu, um ihr zu übersetzen, was sie gerade herausgefunden hat.

Vom Schüleraustausch zum Praktikum

Laut Informationsblatt sind die Ziele des Schüleraustauschs der Hager Group-Mitarbeiterkinder, das grenzüberschreitende Zusammenwachsen in der Hager-Familie und die internationalen Kontakte der Familien zu stärken. „Ziel des Schüleraustausches ist es natürlich auch, den Schülern einmal das Werk zu zeigen und unsere Produkte, die in der ganzen Welt verkauft werden. So bekommen sie ein Gefühl dafür, wie das Arbeiten in der Industrie funktioniert“, sagt Soja Smailova, die den Austausch organisiert. Und immerhin: Ein paar deutsche Schüler hätten in den vergangenen Jahren nach dem Austausch ihr Praktikum bei der Hager Group gemacht.

Katharina kennt sich bei Hager schon bestens aus: „Ich habe am Ferienprogramm teilgenommen und drei Wochen Praktikum in Blieskastel gemacht.“ Sie hat viel im Büro gearbeitet, unter anderem hat sie einen Online-Katalog ins Internet gestellt. „Da habe ich gemerkt, dass ich viel lieber draußen bin und mit Menschen rede.“ So wie ihr Vater, der als Key Accounter die Großkunden betreut. „So etwas könnte ich mir vorstellen“, sagt die Schülerin. Auch Simonas Vater ist als Kundenbetreuer ständig mit Menschen in Kontakt. „Er ist viel unterwegs und zeigt den Kunden die Produkte“, sagt die junge Italienerin. Auch sie kann sich vorstellen, dasselbe wie ihr Vater zu machen. Am liebsten in Deutschland, da seien die Berufschancen besser. „Nächstes Jahr fängt sie deshalb einen Deutschkurs in der Schule an“, übersetzt Katharina.

Skypen, WhatsAppen und Online-Spiele zum Kennenlernen

Die beiden haben schon seit Monaten regelmäßig Kontakt, vor allem über WhatsApp. „Zuerst haben wir die grundlegenden Fragen geklärt: Was sind die Hobbies, warum macht man beim Austausch mit? Und dann haben wir uns fast jeden Tag geschrieben.“ Guillermo und Richard haben sich vorab über Skype und Online-Spiele kennengelernt. „Wir haben eigentlich nur Alter, Hobbies und Interessen der Kinder angegeben. Die Hager Group hat dann die passenden Austauschpartner gefunden“, sagt Vater Frank Redlich. Die Mädchen greifen in einen Eimer mit silbernen und orangenen Kunststoffkörnchen. „Das dürft Ihr behalten“, sagt Werksführer Christian Weinard. Während die eine Hälfte der Schülergruppe in der Verpackung hilft, lernt die andere in der Spritzgussabteilung, dass aus dem Kunststoffgranulat pro Jahr 100 Millionen Teile gemacht werden.

Es ist überhaupt ein Tag der Zahlen für die zwölf Kinder: Der Kunststoff wird im Labor unter anderem bei 70 Grad unter Null getestet. Aus dem im Labor getesteten Kunststoff werden pro Jahr ca. 40.000 Kilometer Kabelführungssysteme in Heltersberg hergestellt – ein Werk mit 650 Mitarbeitern, 31 Auszubildenden und rund 115 Millionen Euro im vergangenen Jahr. In der Spritzgussabteilung lagern 1.280 Werkzeuge, aus denen Zubehörteile für die Kabelführungssysteme hergestellt werden. Und dann sind sie wieder dran. Die Schüler stehen vor dem Gitterwagen mit den Kartons, die sie vorhin befüllt haben. Weinard drückt Simona einen Taschenrechner in die Hand: „Wie viele Kartons sind in dem Wagen?“ Die Schüler fangen an zu zählen. 81, nein, 82 ist schließlich die mehrheitliche Meinung. Es sind 325 Kartons. Tja, das Rechnen eben, meint Richard. Aber sonst sei es hier im Werk doch ganz schön interessant.