ME Saar aktuell

Rede zum 40jährigen Jubiläum

1988 feierte der Verband der Eisen- und Metallindustrie des Saarlandes sein 40jähriges Bestehen. In der Ansprache des Präsidenten Dipl. Ing. Edgar Stöber war Strukturwandel bereits ein wichtiges Thema.

Meine Damen und Herren, die zurückliegenden 40 Jahre sind im Saarland nicht nur mit der Nachkriegsgeschichte des Wiederaufbaus verbunden, sondern darüber hinaus mit dem besonderen Grenzlandschicksal des Saarlandes.

Ich brauche hier niemandem näher zu erläutern, welche Schwierigkeiten die späte Rückgliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik für die saarländische Wirtschaft – und das zum wiederholten Male – mit sich gebracht hat. Die damit verbundene Umorientierung sowohl auf andere staatliche Rahmenbedingungen als auch auf andere Märkte stellte eine Belastung dar, mit der die saarländische Wirtschaft neben den bereits erkennbaren Problemen einer montanorientierten Struktur fertig werden musste.

Diese objektive Benachteiligung in der Entwicklung der saarländischen Wirtschaft wird heute von niemandem mehr bestritten. Das hat gerade auch die Saarkonferenz, die vorgestern beim Bundeskanzler stattfand, bestätigt. In diesem Umfeld ist es bemerkenswert, dass sich die weiterverarbeitende Metallindustrie hier nicht nur behauptet hat, sondern Anschluss an die bundesdurchschnittliche Entwicklung gefunden, ja teilweise diese sogar übertroffen hat.

Das ist nicht zuletzt auf eine Vielzahl neuer Unternehmen zurückzuführen, die nach der Rückgliederung mit gezielten Anstrengungen in das Saarland geholt wurden. Entgegen manchen Unkenrufen haben sich gerade in der Metallindustrie über Neuansiedlungen stetige und dynamische Unternehmensentwicklungen ergeben.

Der Strukturwandel an der Saar, die wie das Ruhrgebiet aus der Abhängigkeit der montanindustriellen Bereiche Kohle und Stahl herauskommen muss, wird nicht nur viel beschworen, er findet auch statt. Sicherlich zu großen Teilen über einen Schrumpfungsprozess der Montanindustrie, aber doch auch über einen positiven Entwicklungsprozess nicht zuletzt in der Metallindustrie. Immerhin ist die Metallindustrie die einzige Industriebranche an der Saar, die heute mehr Beschäftigte hat als 1980. In Metallunternehmen arbeiten heute mit über 40 Prozent mehr Arbeitnehmer als in jedem anderen Industriebereich einschließlich der Montanindustrie.

Wenn wir auch bei den Beschäftigten und der Produktion anteilig noch nicht den Bundesdurchschnitt erreicht haben, der Umsatzanteil der Investitionsgüterindustrie am Gesamtindustrieumsatz ist heute im Saarland größer als im Bundesdurchschnitt.

Leider wird die gesamtindustrielle Entwicklung immer noch durch die Negativtendenzen im Montanbereich überlagert und die Zeiten für die Metallindustrie werden auch härter Die Diskussion über den lnvestitionsstandort Bundesrepublik kommt nicht von ungefähr. Man sollte sich nicht durch Exporterfolge und die scheinbar günstige Ertragslage irritieren lassen. Investitionsentscheidungen haben sehr viel mit Erwartungen zu tun. Ein positives Investitionsklima wird nicht zuletzt durch staatliche Rahmenbedingungen geprägt Wenn auch die große Linie außerhalb des Saarlandes gestaltet wird. auf der Ebene der Landesregierung kann dazu positiv oder· negativ beigetragen werden.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen. an die Landesregierung zu appellieren, in den Bereichen. in denen sie Gestaltungsmöglichkeiten hat, sich dieser Tatsache bewusst zu sein. Der Nachholbedarf an Arbeitsplätzen im Lande sollte nicht durch zusätzliche hausgemachte Erschwernisse verzögert werden. Erlauben Sie mir hier nur zwei Stichworte: Die von der Landesregierung den Gemeinden auferlegten Gewerbesteuerzwänge und die Regelung der Sonderabfallentsorgung.

Meine Damen und Herren. der Verband der Eisen- und Metallindustrie ist natürlich in erster Linie Tarifvertragspartei. Ob die Risiken einer längerfristigen Tarifbindung in Form einer Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung die Chancen einer längerfristigen Planungssicherheit überwiegen, können wir für unseren 3-Jahres-Abschluss noch nicht sagen. Auf jeden Fall werden wir 1992 in einen zu Recht von den meisten begrüßten gemeinsam Binnenmarkt gehen, dessen Nutzen natürlich auch von gleichen Wettbewerbsbedingungen abhängt. Die deutschen Metallunternehmen werden mit den höchsten Lohnkosten (insbesondere den indirekten Lohnnebenkosten) den kürzesten Arbeitszeiten und dem am weitesten entwickelten sozialen Umfeld und einer hohen Steuerleistung antreten müssen.

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, das Rad der Entwicklung zurückschrauben zu wollen. Aber – um im Bild zu bleiben – das Rad darf sich nicht mehr so schnell weiterdrehen wie bisher. Sonst laufen wir Gefahr, dass die positiven Entwicklungen eines gemeinsamen Marktes an uns vorbeigehen.

Ein Ansatz auf regionaler Ebene – darauf hat der Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, Herr. Dr. Kirchner bereits hingewiesen – könnte die Wettbewerbsfähigkeit der saarländischen Metallindustrie und die Attraktivität des Saarlandes als Wirtschaftsstandort auch für neue Unternehmen beträchtlich erhöhen. Das wäre eine gemeinsame Initiative der saarländischen Tarifvertragsparteien in der Metallindustrie, den Flexibilisierungsrahmen der bestehenden Tarifverträge auch voll auszuschöpfen. Damit wären Maschinenlaufzeiten zu erreichen, die über die damit verbundenen Kostenvorteile zu echten Standortvorteilen werden könnten.

Dipl. Ing. Edgar Stöber
Foto: ME Saar