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Strukturwandelinitiative setzt sich für zukunftsfähiges Saarland ein

Ministerin Rehlinger sieht eine Selbstverpflichtung von Politik, Arbeitgebern und Arbeitnehmern, den Standort voranzubringen.

Angesichts massiver Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort im Saarland haben sich Politik, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die Bundesagentur für Arbeit an einen Tisch gesetzt, um gemeinsam ein Zukunftskonzept für das Saarland zu erarbeiten. Strukturwandel, Digitalisierung, der Wandel der Antriebstechniken im Automobilsektor, die neuen Umweltanforderungen bei der Stahlproduktion und zu guter Letzt auch noch Corona- all dies sind Themen, die die stark exportabhängige saarländische Industrie erheblich belasten. Um diese Probleme zu benennen und gemeinsam zu bearbeiten, hat sich unter Leitung des Wirtschaftsministeriums die "Strukturwandelinitiative Saar" zusammengefunden.

Bei der Vorstellung der Initiative zeigt sich allerdings auch, dass die Interessen der Beteiligten sehr unterschiedlich gelagert sind. Während alle Teilnehmer übereinstimmen, dass das Saarland sich in den vergangenen Jahren wirtschaftlich unterdurchschnittlich entwickelt hat - über viele Jahre lag das Wirtschaftswachstum unter dem des Bundes - herrscht bei den Lösungen noch immer erheblicher Dissens.

Das Thema Standortkosten spielt in dem Strategiepapier der Strukturwandelinitiative nur eine ungeordnete Rolle. Gerade diese sind nach Ansicht des VSU-Hauptgeschäftsführers Martin Schlechter ein entscheidender Faktor, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit des Saarlandes geht. "Dabei geht es um Steuern und Abgaben, aber auch um Arbeitskosten", sagt Schlechter. "Ebenso wichtig ist eine Flexibilisierung der Arbeitszeitregeln. Das aktuell starre Arbeitszeitkorsett ist nicht mehr zeitgemäß."

IHK-Hauptgeschäftsführer Heino Klingen pocht außerdem auf eine Senkung der Gewerbesteuer sowie auf Investitionen der Kommunen. Diese seien aber nur über Landes- und letztlich Bundeshilfen möglich. "Es ist ganz klar, dass das Saarland aus eigener Kraft nicht auf die Beine kommt", ist Klingen überzeugt.

Positiv bewertet Schlechter Investitionen in Digitalisierung bis in die Gewerbegebiete ebenso wie einen Ausbau der Infrastruktur im Land. Ein neuer Masterplan Industrieflächen sollte schnellstmöglich an den Start gebracht werden. Auch das Bekenntnis der Landesregierung zum Flughafen Ensheim sei ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, Unternehmen von einer Ansiedlung im Saarland zu überzeugen.

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger sieht die Notwendigkeit für eine Strukturwandelinitiative nach Corona als noch größer an als Ende vergangenen Jahres. "Was wir vor der Corona-Krise als wichtig erachtet haben, hat nicht an Relevanz verloren", sagt sie. Umgekehrt: Es sei sogar ncoh wichtiger geworden. Das Strategiepapier der Strukturwandelinitiative sieht sie als "Selbstverpflichtung aller Beteiligten, gemeinsam das Land nach vorne zu bringen".

Rehlinger sieht einen entscheidenden Schritt in Richtung Zukunft auch in der Einrichtung einer Transformationsgesellschaft. Diese, so die Idee der Ministerin, solle Unternehmen, die Mitarbeiter freisetzen, mit Unternehmen in Kontakt bringen, die wiederum Mitarbeiter suchen. "Hier können wir die Akteure an einen Tisch bringen", sagt Rehlinger. Dadurch ließe sich ein besserer Übergang von Arbeitskräften erreichen.

Heidrun Schulz, Leiterin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit (BA), weist auf die Möglichkeiten hin, die bei einer solchen Transformationsgesellschaft über die Aufgaben der BA hinausgehen. So liesse sich beispielsweise die Dauer einer Transfergesellschaft über ein Jahr ausdehnen. Und es wäre ein Übergangsprozess auch dann möglich, wenn die Unternehmen die Einrichtung einer Transfergesellscahft ablehnen. Das allerdings koste Geld, das zur Verfügung stehen müssen. Rehlinger will die Transformationsgesellschaft voraussichtlich in Form einer Landesgesellschaft im Ministerium ansiedeln.

Thomas Otto, Geschäftsführer der Arbeitskammer, sieht als wichtigen Faktor im Rahmen der Zukunftsfähigkeit die Errichtung eines Industriefonds, der sich an Unternehmen in Schieflage beteiligen könne, die dann unter Mitsprache der Arbeitnehmer saniert werden könnten. Auch die Landesregierung hat angekündigt, Unternehmen in Not über eine Landesbeteiligung beizuspringen.