ME Saar aktuell

VSU: Jetzt muss eine handlungsfähige Regierung schnell die wirklich wichtigen Themen anpacken

Jetzt ist es Zeit, klug zu handeln, damit wir mit einer starken Wirtschaft die Krisenkosten erneut erwirtschaften können. Dafür braucht es eine starke und handlungsfähige Koalition.

Die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU) fordert die Parteien im Bund auf, nach der Wahl keine Hängepartie entstehen zu lassen. „Deutschland steht vor großen Herausforderungen – vom Klimawandel über die Folgen der Coronapandemie bis hin zum Strukturwandel der Industrie. Diese zügig anzugehen, muss in den kommenden Wochen im Vordergrund stehen. Wir wünschen uns von den Parteien deshalb jetzt ziel- und lösungsorientierte Verhandlungen, die schnell in eine handlungsfähige Regierung münden. Eine monatelange Hängepartie bis zur Regierungsbildung wäre den Aufgaben nicht angemessen“, sagt VSU-Präsident Oswald Bubel.

Deutschlands Unternehmen durchleben eine schwierige Phase: Sie sind durch Corona geschwächt, die Lieferketten sind anhaltend gestört, Rohstoffpreise erreichen nie gesehene Höhen. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Gleichzeitig steht die Wirtschaft mit einem Strukturwandel getrieben durch Dekarbonisierung, Demografie und Digitalisierung vor Jahrhundertaufgaben, die durch Corona nur verschoben wurden. „Die Unternehmen benötigen jetzt von Seiten der Politik Rahmenbedingungen, die auch künftig Wachstum und Wohlstand ermöglichen. Dazu gehören unter anderem der Ausbau der digitalen Infrastruktur, eine umfassende Forschungsförderung und eine aktive Bildungspolitik“, sagt Bubel. „Ein politisch angeheizter Verteilungskampf zu Lasten der Unternehmen ist der falsche Weg.“

Der VSU-Präsident bemängelt, dass im Wahlkampf viele Randthemen eine zu große Rolle spielten. „Es besorgt mich, wenn sich die Spitzenkandidaten statt über die großen Zukunftsthemen über die Förderung von Lastenfahrrädern streiten und wenn im Wahlkampf mehr Diskussionen über Fußnoten in Büchern geführt werden als darüber, wer künftig Wohlstand in unserem Land erwirtschaftet. Ich hoffe sehr, dass der Fokus bald wieder auf den wirklich wichtigen Themen liegt.“
Aus Sicht der Wirtschaft gibt es drängende Aufgaben, die die Politik nicht erst im Laufe der Legislaturperiode angehen muss, sondern umgehend:

Klima
Der Klimawandel ist zu einer weltweiten Bedrohung geworden. Allerdings werden wir das Klima nicht allein in Deutschland oder in Europa retten können, wenn gleichzeitig in anderen Ländern der CO2-Ausstoß massiv zunimmt. Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine globale Aufgabe. Deshalb gilt, dass wir bei allen Maßnahmen Augenmaß behalten und einen Weg finden, der Klimaschutz ebenso verfolgt wie den Erhalt unserer industriellen Basis. Denn schon jetzt gehört unsere Industrie zur saubersten der Welt. Effizienter Klimawandel heißt aus unserer Sicht, dass die Politik durch entsprechende Rahmenbedingungen und Forschungsförderung gemeinsam mit der Industrie und ihren Ingenieuren die Entwicklung von Zukunftstechnik in unserem Land anstößt. Damit können dann die Produkte entstehen, die weltweit helfen, den CO2-Ausstoß zu senken. Für einen erfolgreichen Weg in eine klimaneutrale Zukunft der deutschen Wirtschaft braucht es internationale Lösungsansätze, marktwirtschaftlich wirkende Anreizsysteme, weitreichende Strukturreformen und massive Investitionen.

Verlässliche Energieversorgung
Deutschland ist ein Industrieland. Unsere Industrie ist die Basis für unseren Wohlstand. Um sie zu erhalten, brauchen wir eine zuverlässige Energiebasis, ein stabiles Netz und konkurrenzfähige Preise. Gerade für Unternehmen, die im weltweiten Wettbewerb stehen, bedeuten hohe Energiepreise einen signifikanten Nachteil. Und es muss klar sein, wo die Energie der Zukunft herkommen soll, wenn Atom- und Kohlekraftwerke sukzessive abgeschaltet werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien stagniert seit Jahren. Eine bezahlbare, zuverlässige und störungsfreie Energieversorgung muss deshalb ein Kernthema der künftigen Bundesregierung sein. Die Wasserstoffwirtschaft muss dafür ebenso ausgebaut werden, wie die Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen. Unabdingbar ist es, über Staatsgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten und alternative Lösungen zur Gewinnung von grünem Strom zu finden. Die aktuell drastisch gestiegenen Gaspreise zeigen, wie gefährlich es ist, sich von wenigen Energieträgern abhängig zu machen.

Digitalisierung, Forschung und Entwicklung
Bei der Digitalisierung hinkt Deutschland hinterher. Die Corona-Krise hat uns das allen vor Augen geführt. Die Infrastruktur lahmt, viele Regionen – und damit vor allem Unternehmen und Schulen – verfügen bis heute nicht über einen Zugang zum schnellen Internet. Digitale Infrastruktur ist es jedoch, die Schülern und Auszubildenden moderne Bildung ermöglicht und die Unternehmen auch in ländlichen Regionen an den Weltmarkt anbindet. Deutschland hat hier großen Nachholbedarf: Während die USA und China im digitalen Meer mit Schnellbooten unterwegs sind, setzt Deutschland noch immer auf ein Ruderboot – eine Strategie, die sich dringend ändern muss. Unser Land braucht eine Digitaloffensive in den Schulen, den zügigen Ausbau des schnellen Internet auch in ländlichen Regionen und einen Forschungs- und Entwicklungsschub bei digitalen Zukunftstechniken. Zukunftsprojekte in Universitäten sollten ebenso gefördert werden wie in Unternehmen. Vor allem gilt das für künstliche Intelligenz und die Technik für Quantencomputer. Hier gilt es, den eigenen Vorsprung auszubauen und zu verteidigen.

Bürokratieabbau
Der Bürokratieaufwand in Deutschland nimmt seit Jahren zu. Und obwohl die Politik das Problem erkannt hat, ist eine Lösung nicht in Sicht: Der Ansatz, dass mit der Verabschiedung eines Gesetzes ein anderes Gesetz wegfallen muss, brachte in den vergangenen Jahren kaum Erleichterung, der Aufwand in den Unternehmen ist trotzdem gestiegen. Die Ausnahmen sind noch zu groß, und so kommen ständig neue komplizierte Regelungen hinzu. Sei es zum Beispiel durch das im Land diskutierte „Fairer-Lohn-Gesetz“ oder die Vorgaben, die aus Brüssel kommen, wie zum Beispiel das Lieferkettengesetz. Bürokratieabbau geht anders. Aus Sicht der Wirtschaft braucht Deutschland eine umfassende Reform. Überflüssige Dokumentationspflichten sollten demnach ebenso wegfallen wie umfangreiche Antragsformulare in Papierform. Der Umbau zur digitalen Verwaltung ist überfällig. Neue und überflüssige Belastungen müssen vom Tisch – angefangen bei der Arbeitszeiterfassung bis hin zum Lieferkettengesetz.

Planungsbeschleunigung
Deutschland ist das Land umfassender und langwieriger Planungsverfahren. Es ist kein Empfehlungsschreiben im internationalen Standortwettbewerb um Ansiedlungen, wenn es Jahrzehnte braucht, bis neue Bundesstraßen realisiert werden können und wenn der für die Energiewende dringend notwendige Netzausbau, der Aufbau von Ladesäulen oder von Wasserstofftankstellen nicht vorankommen. Die Flut im Ahrtal hat gezeigt, was möglich ist, wenn Planungsverfahren beschleunigt und Widerspruchsfristen verkürzt werden ohne dabei die elementaren Widerspruchsmöglichkeiten außer Kraft zu setzen. Die Sonderregeln nach der Flut können als Blaupause dienen: Für ein Deutschland, in dem wieder Aufbruchstimmung herrscht.

Reform des Rentensystems
Das Rentensystem in der jetzigen Form droht ohne Reform zu kollabieren. Bei gleichbleibenden Beiträgen, steigenden Auszahlungen und einer zunehmend alternden Gesellschaft ist es auf Dauer nicht mehr zu finanzieren. Im Wahlkampf stabile Beiträge, ein unverändert stabiles Rentenniveau und ein gleichbleibendes beziehungsweise sinkendes Renteneintrittsalter zu versprechen, ist Augenwischerei, weil eine Finanzierung dann letztlich nur über Steuerzuschüsse und indirekt über die Allgemeinheit möglich ist. Das ist nur eine Verschiebung des Problems und eine Abkehr von den Grundprinzipien unserer Sozialversicherung. Die kommende Regierung muss deshalb diese Herausforderung angehen. Die Zeit drängt, denn schon in wenigen Jahren geht die Generation der Babyboomer in den Ruhestand. Und dann werden immer weniger Menschen immer mehr Rentner bezahlen müssen – zu Lasten der jungen Generation.

Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt
Die Agenda 2010 hat mit den Arbeitsmarktreformen eine wichtige Voraussetzung geschaffen, damit die Unternehmen mit ihren Mitarbeitern wieder wettbewerbsfähig arbeiten und ihre Leistung erfolgreich anbieten konnten. Dadurch wurde Deutschland vom kranken Mann Europas zur leistungsfähigen Volkswirtschaft, die in den letzten Krisen viel widerstandsfähiger war als viele andere Länder.
Schritt für Schritt werden diese Reformen wieder zurückgedreht. Deutschland gehört bei den Lohnstückkosten wieder zu den teuersten Ländern der Welt. Hier ist Handlungsbedarf. Die Regierung muss sicherstellen, dass die Belastung aus Sozialbeiträgen nicht weiter steigt. Gleichzeitig muss die Arbeitszeit flexibilisiert und den europäischen Richtlinien angeglichen werden, damit die Unternehmen Aufträge dann abarbeiten können, wenn sie anfallen. Deutschland fällt sonst im weltweiten Wettbewerb zunehmend zurück. In einer Transformationsphase, in der die weltweit agierenden Unternehmen wesentliche Investitionsentscheidung treffen, die darüber entscheiden, wo in der Industrie die Arbeitsplätze von morgen entstehen, müssen wir uns wettbewerbsfähig aufstellen. Das gilt ganz besonders aus saarländischer Sicht.

Die deutsche Politik hat in der Corona-Pandemie viel Geld in die Hand genommen, um die Bürger und Unternehmen vor den größten Krisen-Auswirkungen zu schützen. Das war richtig. Jetzt ist es Zeit, klug zu handeln, damit wir mit einer starken Wirtschaft die Krisenkosten erneut erwirtschaften können. Dafür braucht es eine starke und handlungsfähige Koalition.


Rückfragen gerne an:
Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände e. V.
Joachim Wollschläger
Kommunikation
Telefon    0681 9 54 34-28
wollschlaegerthou-shalt-not-spammesaar.de